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Wer noch immer der Meinung ist, die Digitalisierung

von Geschäftsprozessen sei im Energiehandel kein

Thema und nur ein vorübergehendes Phänomen, der

handelt nicht mehr nur fahrlässig, sondern schlicht

und einfach verantwortungslos. Denn: Digitalisierung

war und ist kein Selbstzweck für Softwareunterneh-

men oder Technologieanbieter. Es geht einfach dar-

um, unternehmerische Prozesse mithilfe der Digita-

lisierung zukünftig einfacher, schneller, komfortabler

und kostengünstiger abbilden zu können. Ziel ist in

erster Linie die eigene Marktposition zu halten, zu

stärken oder nach Möglichkeit auszubauen. Umge-

kehrt lässt sich aus den bisherigen Erfahrungen be-

reits ableiten, dass Unternehmen, die sich nicht mit

dem digitalen Wandel auseinandersetzen und des-

sen Möglichkeiten nutzen, mittelfristig Kunden und

damit Marktanteile verlieren.

Der Verlust dieser Kunden erfolgt dabei in erster

Linie durch die zunehmende Verfügbarkeit von Da-

ten und Informationen via Internet bzw. über mobile

Geräte wie Smartphones und Tablet-PCs. Bekannte

Beispiele sind Amazon, AirBnB oder der Fahrdienst-

leister Uber. Alles noch relativ junge Unternehmen,

die in erster Linie keine eigenen Produkte verkau-

fen, sondern lediglich Online-Marktplätze anbieten

auf denen sich Kunden über Lieferanten, Produk-

te, Preise, Konditionen informieren und gleichzeitig

bestellen können. Diese Entwicklung geht auch am

Mineralölhandel nicht vorbei: Heizoel24, Esyoil oder

Fastenergy sind inzwischen etabliert und wachsen

gegen den Branchentrend. Der Kunde von heu-

te unterscheidet dabei immer seltener nach einem

bestimmten Lieferanten oder dem Ursprung des

Produkts. Oftmals ist nur noch relevant, wann und

zu welchem Preis geliefert wird. Mit diesem geän-

derten Kaufverhalten verändert sich auch die Akzep-

tanz der sog. weichen Faktoren („Soft Skills“) wie

beispielsweise Loyalität, Firmenimage, Service und

Kundennähe. Diese Punkte verlieren in einem „digi-

talisierten“ Markt zunehmend an Bedeutung. Statt-

dessen geraten mehr und mehr neue Services in den

Vordergrund. So ist vielen Kunden inzwischen eine

Bestellung außerhalb der üblichen Geschäftszeiten

und/oder die Online-Verfolgbarkeit der Anlieferung

über ein GPS-Tracking-System wichtiger, als der

persönliche Kontakt mit einem Verkäufer über das

Telefon.

Werden Sie attraktiv!

Doch nicht nur Kunden unterscheiden heute nach

anderen Kriterien darüber, ob ein Unternehmen at-

traktiv ist. Auch die für den Erfolg des Unternehmens

entscheidenden Mitarbeiter schauen sich ihren al-

ten oder neuen Arbeitgeber inzwischen sehr genau

an. Bei einer beruflichen Entscheidung wird geprüft,

ob das Unternehmen Innovations- und damit Zu-

kunftspotenzial hat. Dabei spielen insbesondere die

IT-Systeme eine entscheidende Rolle, da ein veral-

tetes IT-System die Herausforderungen einer digitali-

sierten Welt oft nur unzureichend abbilden kann. Und

wer möchte schon ein Rennen mit einem „Oldtimer“

gegen einen Formel1-Boliden bestreiten?

Was bedeutet dies konkret?

Als Entscheider in einem mittelständischen Unter-

nehmen sollten Sie der Digitalisierung Ihre volle

Aufmerksamkeit widmen. Dabei sollte in erster Li-

nie nicht die Frage nach der Technologie eine Rolle

spielen. Viel wichtiger ist, die eigenen Prozesse zu

analysieren und diese Abläufe zu dokumentieren. Als

nächster Schritt empfehlen wir den Weg zu einem

innovativen IT-Unternehmen. Diese haben norma-

lerweise bereits Erfahrungen mit digitalen Lösungen

gemacht und erkennen mögliches Verbesserungs-

potenzial sehr schnell. Dabei hilft am Anfang eine

Strategie der kleinen Schritte. Das bedeutet, zu-

nächst relativ einfache Abläufe mit entsprechendem

Potenzial umzusetzen. Die dabei erzielten Erfolge

setzen in der Regel automatisch neue Kräfte für

weitere „Digitalisierungs-Ideen“ frei.

Keine Ausreden mehr: Digitalisierung ist Chefsache!

Jürgen Natter ist Geschäfts-

führer vom Softwareanbieter

pro4dynamix aus Tettnang

(Bodensee). Er beschäftigt

sich täglich mit dem Thema

Digitalisierung und kennt die

Anforderungen des Energie-

handels seit vielen Jahren.